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Weltweit gehören Rettungs- und Löscheinsätze unter schwerem Atemschutz zu den gefährlichsten Aufgaben einer Feuerwehr. Immer wieder geschehen dabei auch schwere Unfälle, teilweise mit tödlichen Verletzungen. In der Feuerwehr-Dienstvorschrift FwDV 7 – Atemschutz ist geregelt, dass bei einem Atemschutzeinsatz mindestens ein Sicherheitstrupp bereitstehen muss. Je nach Lage wird die Anzahl an Sicherheitstrupps dann weiter erhöht. Einige Feuerwehren in Deutschland setzen mittlerweile auf verstärkte Sicherheitstrupps, welche gerade bei besonderen Lagen zusätzlich zum Einsatz kommen. Eine der ersten Feuerwehren in Deutschland war die Feuerwehr Berlin, die eine solche Spezialeinheit aufgestellt hat. Diese Einheit nannten sie Atemschutz-Notfall-Trainierte-Staffel (ANTS). Weitere Einheiten wurden bundesweit aufgestellt und der Berliner Begriff etablierte sich immer mehr. So lag es nicht fern, das auch bei der Feuerwehr Rodgau eine solche ANTS-Einheit gegründet wurde.

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  • Ausbildung Atemschutz

    Während des Zeitraums von 2003-2006 wurden alle Abteilungen einheitlich auf einen Atemschutzgerätetyp umgestellt. Nach mehreren Trageversuchen einigte man sich auf den Typ AirMAXX® von Auer, mit einem am Manometer angefügtem Adapter, welcher die Möglichkeit zum Anschließen eines zusätzlichen Lungenautomaten bietet. Die Atemschutzmasken sind vom Typ Ultra Elite PF-ESA®, ebenfalls von Auer. Sensibilisiert durch die öffentliche Berichterstattung über vermehrt aufgetretene tödliche Atemschutzunfälle im Bundesgebiet machten sich die Verantwortlichen ab 2007 Gedanken über eine einheitliche Ausbildung zu Atemschutznotfällen. Hierzu besuchten die Ausbilder im Januar 2007 einen Kongress der Bertreiber von atemschutzunfaelle.eu.Ein Jahr später starteten die Rodgauer ihr Atemschutz-Notfall-Training (ANT) für alle fünf Stadtteilfeuerwehren. Begünstigend wirkte sich hierbei aus, dass im selben Jahr unter der Internetadresse www.feuerwehr.de bundesweit ein Übungsgebäude für das Testprogramm Praxistest Sicherheitstrupp – Rettungsgeräte gesucht wurde, welches schließlich in Rodgau zur Verfügung gestellt werden konnte Die wissenschaftliche Auswertung der Tests erfolgte im Zuge der Bachelorarbeit von Markus Held, Student der Sicherheit und Gefahrenabwehr an der Hochschule Magdeburg - Stendal (FH), der dabei von M. Sc. Andreas Weich betreut wurde. Begleitet wurde die Auswertung von einer neutralen und unabhängigen Bewertungskommission, die diese Berichte als Ergebnisse zur Brandschutzforschung veröffentlichen wird. Ebenso begleiteten der Deutsche Feuerwehr Verband (DFV) und die Vereinigung zur Förderung des deutschen Brandschutzes (vfdb) die Tests. Indem verschiedene Rettungsmittel aus dem gesamten Bundesgebiet begutachtet werden konnten, profitierten die Ausbilder aus Rodgau von dieser Test-Serie.zwei Jahre später erweiterten die Atemschutzausbilder ihr Konzept um eine weitere Komponente: die Zentrale-Atemschutz-Fortbildung (ZAF). Hierbei wurden und werden bis heute alle Atemschutzgeräteträger einheitlich nach den Vorgaben der FwDV 7 ausgebildet. Im Nachgang des Besuchs der 1. und 2. Hamburger Atemschutztage wurden weitere Erfahrungen in das Ausbildungskonzept eingebracht, wie z.B. der bei der Feuerwehr Zürich eingesetzte Blinden-Stock, der zum schnellen abtasten und absuchen von verdunkelten Räumen dient. Die Erfahrung der Ausbilder aus Rodgau wurde schließlich auch in den Nachbarkommunen und bei einer in der Stadt angesiedelten Betriebsfeuerwehr in Anspruch genommen.

  • Atemschutz-Notfall-Trainierte-Staffel

    Bereits früh wurde die Problematik erkannt, dass nicht jeder Sicherheitstrupp gleichwertig agiert, bzw. eine Unfalllage in den Griff bekommt. Dies musste insbesondere für die erschwerten Bedingungen gelten, die bei der Rettung eines verunfallten Atemschutzgeräteträgers aus einem Gebäude auftreten. Aus diesem Grund wurde bereits seit 2009 mit einem Schnell-Einsatz-Team (SET) geübt. Mit dem Aufkommen entsprechender Überlegungen zum Aufstellen einer Spezialeinheit und dem Bekanntwerden des Konzepts aus Berlin entschied man sich nach einigen Besprechungen im Jahre 2015 zum Aufbau einer ANTS. Die Idee wurde zunächst dem Wehrführerausschuss, dann den Mitgliedern vorgestellt. Als Reaktion auf eine Ausschreibung meldeten sich schließlich 24 Frauen und Männer aus allen drei Standorten. Es folgte im Jahr 2016 ein zeitintensives Training, welches im aktuell fortgesetzt wird. Der A.N.T.S. der Feuerwehr Berliner folgend wurden die Ausbildungsinhalte und die Einsatzgeräte in vielen Punkten übernommen. Einige Artikel, wie z.B. S-Cut Schneidwerkzeug und RespiHood Rettungshauben, wurden nachbestellt. Die größte und auch kostenintensivste Anschaffung bildeten drei Schleifkorbtragen vom Typ JSA-200® der Firma Junkin Safety, welche über rundumlaufende Griffstangen verfügen). Dieses Modell nutzt auch die ANTS der Feuerwehr Langen, welche sich ebenfalls im Landkreis Offenbach befindet. Mit Langen bestehen enge Kontakte, beide ATNS Einheiten pflegen einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch.

  • Organisation und Einsatzbereitschaft

    Den Verantwortlichen wurde schnell bewusst, dass nur ein gemeinsames Gesamtkonzept den erhofften Erfolg bringen kann. So wurden, wie bereits erwähnt, aus allen Standorten die Mitglieder gewonnen. In jedem Standort wurde je ein Löschfahrzeug mit den zusätzlichen Komponenten für die ANTS ausgestattet. Dies umfasst jeweils eine Sicherheitstrupptasche, Schleifkorbtrage, ein Rettungstuch, Brechwerkzeuge, InEar-Kopfhörer, Schlauchpakete C und D, einen Blindenstock, Karabiner, Bandschlingen, weitere Atemschutzgeräte und Wärmebildkamera. Verlastet sind die Geräte auf den folgenden Fahrzeugen Nord: StLF 20/25 Mitte: HLF 10/6 Süd: TLF 16/25 Aufgrund eines Runderlasses des zuständigen hessischen Ministeriums zur Festlegung der Einsatzstichworte und der damit verbundenen Alarm-und Ausrückordnung AAO ist gewährleistet, dass ab einem Gebäudebrand Größe F3 (Feuer in einem Sondergebäude) alle drei Standortfeuerwehren alarmiert werden. Dadurch wird gewährleistet, dass mindestens eines der drei Fahrzeuge immer an der Einsatzstelle vor Ort ist. Problematischer als die Bereitstellung des Geräts war die Gewährleistung eines ausreichend großen Pools an Personal, welcher nahezu ausschließlich durch ehrenamtliche Kräften gebildet wird. Indes haben die Erfahrungswerte der Vergangenheit gezeigt, dass bei Alarmierungen ab F 3 genügend Kräfte der ANTS zusammenkommen, um eine bei der Feuerwehr Rodgau geforderten mindeststärke von 1/4/5 zu erreichen. Die generelle Gesamtstärke einer ANTS beträgt, wie der Buchstabe S verrät, bei einer Staffel also 1/5/6. Die ANTS wird vor Ort vom Einsatzleiter aufgestellt; hierzu wurden die Jacken aller ANTS-Mitglieder mit einem Namens-Klettschild mit der schwarzen Aufschrift ANTS auf gelben Grund an ihren Jacken versehen. Im Einsatzfall übernimmt schließlich einer der ANTS-Führer vor Ort, welcher über eine zusätzliche Ausbildung verfügt, die Führung und legt nach Rücksprache mit dem Einsatzleiter den Bereitstellungsplatz fest. Die Staffel bedient sich der Geräte eines der vorgesehenen Fahrzeuge und stellt diese bereit; sobald die Einheit selbst einsatzbereit ist, wird dies dem Einsatzleiter und der Atemschutzüberwachung mitgeteilt. Grundsätzlich besteht jedoch auch schon bei kleineren Lagen, z.B. einem F 2 (Gebäudebrand) die Möglichkeit entweder eine ANTS vor Ort zu bilden oder diese zu alarmieren, wenn aufgrund fehlender Kräfte oder Fahrzeuge keine ANTS vor Ort aufgestellt werden kann. Hierzu haben alle ANTS-Mitglieder eine zusätzliche Alarmierungsschleife, weiterhin findet in einem Alarmfall auch untereinander eine Kommunikation statt. Da alle alarmierten Mitglieder, welche noch nicht im laufenden Einsatz eingebunden sind, sich zunächst in ihrem Standort einfinden und sich von dort melden, kann immer recht zeitnah bestimmt werden, wer welches Löschfahrzeug mit Zusatzausstattung besetzt und wer im Rendezvous-System mit einem MTW zur Einsatzstelle fährt. Die Koordination übernimmt Eine von fünf ausgewählten Führungskräfte aus dem ANTS-Team.

  • Überörtlicher Einsatz

    Eine weitere Herausforderung bei der Planung, Organisation und Aufstellung war die Überlegung, wie ein Einsatz außerhalb vom Stadtgebiet koordiniert werden kann, wenn im günstigsten Fall alle 24 Mitglieder zusammenkommen. Je nach Einsatzort und Tageszeit besteht die Möglichkeit, dass alle 6 Kräfte in dem Standort zusammenkommen, dessen Fahrzeug auch für den überörtlichen ANTS-Einsatz eingeplant ist. In diesem Fall stehen die restlichen Kräfte als Pool in Bereitschaft, ein Einsatzleiter vor Ort kann dann nach Rücksprache mit dem ANTS-Führer entscheiden, ob er auf diese zusätzlichen Kräfte / Atemschutzgeräteträger zurückgreifen möchte. Weiterhin ist festgelegt worden, dass das Fahrzeug besetzen wird, welches am günstigsten zur anfordernden Kommune stationiert ist. Aus diesem Grund wurde eine Planung für die anderen Nachbarkommunen durchgeführt und für diesen Fall ein entsprechendes Fahrzeug eingeplant. Die derzeitigen Planungen gehen soweit, dass auch eventuelle Fahrzeugausfälle bedacht werden und dementsprechend das nächstgelegene Fahrzeug alarmiert wird. Entsprechend dem Rendezvous-System können dann darüber hinaus, wie im örtlichen Einsatz, weitere oder aber auf dem Löschfahrzeug fehlende Kräfte aus anderen Standorten mit einem MTF nachrücken.

  • Fazit

    Die frühzeitige Anpassung der Atemschutztechnik und der dazugehörigen Ausbildung, welche vereinheitlicht und durch Notfallübungen intensiviert wurde, sowie die gesammelten Erfahrungen und durchgeführten Fortbildungen der Atemschutzausbilder haben in Rodgau dazu geführt, eine spezielle Einheit zur Rettung von verunfallten Atemschutzgeräteträger aufzustellen. Dies geschah unabhängig von der Gründung anderer Einheiten in Deutschland. Grundsätzlich muss jede Feuerwehr für sich prüfen, ob sie sich personell und technisch eine ANTS leisten kann und möchte. Möglichkeiten hierzu gibt es in verschiedenster Weise: von einem verstärkten Sicherheitstrupp 0/4/4 bis hin zu einer Zusammenarbeit mit weiteren Wehren, die auch die Bildung größerer Einheiten ermöglicht. Das Konzept aus Rodgau zeigt eine von vielen Möglichkeiten und kann gewiss nicht bei jeder Wehr umgesetzt werden. Den verantwortlichen Einsatzleitern steht mit der ANTS eine Rettungseinheit zur Verfügung, welche durch geschulte Maßnahmen den gewünschten Erfolg bei einer Rettung gewährleisten kann. Nach wie vor werden auch in Rodgau die Einsatzgrundsätze der FwDV 7 eingehalten und zunächst ein Sicherheitstrupp bereitgestellt. Bei besonderen und auch größeren Lagen (Lagerhalle, Hochhaus, Tiefgarage) wird dann auf die Atemschutz-Notfall-Trainierte-Staffel zurückgegriffen.

  • Ansprechpartner

    Wenn Sie noch Fragen zur ANTS Rodgau haben, melden Sie sich bitte per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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